Maikaefer's Weblog


Japaner Bauen!

Einladung zum Richtfest

Shintoistische Papierfahne auf dem Giebel, Ansprache der Zimmermänner, viel Sushi und Sake und eine Flasche mit einem großen Holzpfeil, der schräg durch die Flasche ragt, und in ein ganz spezieller Sake mit Goldflocken auf alle Gäste wartet. Zum Abschluss trällert einer der Handwerker, nach dem Genuss von reichlich Sake, ein traditionelles Lied durch die Nacht, begleitet vom vorbeirauschenden Shinkansen.

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Bauboom trotz Wirtschaftskrise

Überall ragen Kräne in den Stadthimmel. Betonmischer, Gerüstebauer, Bauarbeiter und Baustellenwinker an jeder Ecke sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Japaner doch noch (trotz Wirtschaftskrise) über das entsprechende Kleingeld für bauliche Aktivitäten verfügen.

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Das selbe Haus wie unten, nur mit drei großen Bäumen davor. Und einem Torbogen und gefühlten 100 Blumentöpfen, alle in anderer Optik. Die Treppe zum Haus ist (ein Jahr nach Fertigstellung) immer noch ein Provisorium und der ca. 20qm große Garten dafür nachträglich mit Riesenbäumen bepflanzt.

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Wieder eine Sperrholzschachtel fertig!
Kaum verschwanden die letzten Baustellenarbeiter, da war dieses Haus auch schon bewohnt. Gebaut in bereits bekannter Sperrholztechnick (s.u. „Bau einer japanischen Sperrholzkiste“). Leider haben die Japaner überhaupt keinen Geschmack, kein Gefühl für das Ganze. Detailverliebt können sie stunden-, ja wochenlang an Kleinigkeiten herumpusseln. Dabei hat aber keiner bemerkt, dass es überhaupt nicht gut aussieht, wenn man in einem Haus fünf unterschiedliche Fenstersorten verbaut. So kann irgendwie keine richtige Harmonie entstehen und trotz alt aussehender Holztür, trotz aufgeklebter Fachwerkbalken, trotz des Blendmauerwerkes neben dem Eingang wirkt dieses Haus – wie so viele in Tokyo – irgendwie nicht wirklich ansprechend auf uns. Abgesehen davon ist es über dem steilen Hang zum Tamagawa-Bahnhof gebaut und wird bei einem starken Beben wahrscheinlich als erstes zusammenkrachen…


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Haus in Meguro – Zwischenstand des 5×5-Meter-Häuschens (s.u.)

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Neue Sperrholzschachtel wird bezogen
Monatelang wurde hinter einer weißen Plastikwand, die extra für die Baustelle errichtet wurde gearbeitet – nun ziehen die neuen Bewohner ein in das gute Prachtstück. Was von aussen wie ein solide errichteter Steinbau wirkt, detailverliebt, mit vielen Ecken und Vorsprüngen, ist auch nichts anderes als all die anderen Bauten, die hier reihenweise um uns herum errichtet werden: eine japanische Sperrholzschachtel mit einem Kern aus dünnem Sperrholz, nicht isoliert, beklebt mit milimeterdicken Plastik-Imitatsteinen.

Lediglich der Auffahrt- und Garagenbereich besteht aus Betonwänden. Die Trittsteine und Blendmauern (hauchdünn aufgeklebt) sind in wochenlanger Kleinarbeit – als das eigentliche Wohnhaus schon längst bezugsfertig aussah – von einem Pulk an Arbeitern in hingebungsvoller Puzzlearbeit entstanden. Selbstverständlich kamen auch Gärtner zum Zug, die die alte Palme schön schief (irgendwie wie natürlich gewachsen) im Vorgarten drapierten zusammen mit den zum Einzug fertig blühenden Osterglocken und Hyazinthen. In der Garage unter dem Haus wurden die Ziersteine (Kieselsteine, die in kleinen abgepackten Tüten angeliefert wurden) einzeln von den Arbeitern in den frischen Zement gedrückt. Rationelles Arbeiten scheint hier nicht an erster Stelle zu stehen, sondern die perfekte Ausführung des kleinsten Arbeitsschrittes. Deutlich wurde dies beim Boden der Garage: ein kleiner japanischer (also wirklich kleiner) Zementlaster kam, die Arbeiter hielten hinten eine Schubkarre unter, damit der Zement in kleinsten Portiönchen auslaufen kann. Fuhren um ihre vielen Maurerkollegen, die im Vorgarten arbeiteten im Slalom herum und legten in der Garage eine Art Streifenfundament im Kreuzmuster an. Oben drauf wurden die einzelnen Kieselsteine kunstvoll eingedrückt. Anschließend wurden die Zwischenflächen (in der gleichsam umständlich aussehenden Prozedur mit dem Mini-Zementmischer) ausgefüllt. So enstand nach Tagen ein sehr ansprechend aussehendes Muster im Boden – aber uns beschleicht das Gefühl, dass die Arbeitsschritte sehr umständlich sind und effektives Arbeiten anders aussieht…


Mauern und alte Bäume werden i.d.R. beim Hausabriss stehen gelassen und vermitteln dem späteren Neubau das solide Aussehen eines fertigen Aussenbereiches – trotz Neubaus. Hier wurde die einst schäbig aussehende Mauer (wie noch links beim Nachbarn zu sehen) einfach mit dünnen Marmorplatten beklebt, um dem edlen neureichen Look des Neubaus gerecht zu werden.

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Bau einer japanischen Sperrholzkiste
Der Bau eines japanischen Hauses, direkt an einem steilen Hang neben einer vielbefahrenen Bahnstrecke, schreitet voran. Jeden Tag komme ich hier auf dem Weg zum Flussufer vorbei und immer noch bin ich aufgrund der Bauweise, der nicht vorhandenen Isolierung und der Verarbeitung des Materials schier sprachlos.

Dieses „Sperrholzistenhaus“ hat inzwischen schon ein Dach und Fenster eingebaut bekommen. Diese sind mit Klebestreifen am Holz verklebt. Die vorgezimmerten Giebel für den Eingang und andere Ecken (es ist ganz typisch für japanische Häuser, möglichst viele unnütze Ecken, Giebel, Erker, Vorsprüne etc. aufzuweisen, die wohntechnisch überhaupt keinen Sinn ergeben) werden mit Teerpappe abgedeckt und jetzt, so scheint es, ist das Haus endlich bereit für sein eigentliches Äußeres. Jeden Tag warte ich gespannt, ob schon zu erkennen ist wie die Fassade später aussehen wird. Wird es ein Schloß mit Burgmauer, ein schlichtes Haus mit einfachen Ziegelsteinen oder doch eher eine bunte Holzfassade? Natürlich in jedem Fall nur in dünnsten Schichten vor die Sperrholzkistenkonstruktion geklebtes Material und meist aus Plastikimitat, soviel steht fest. Das konnten wir in den vergangenen Monaten immer wieder auf diversen Baustellen beobachten. Hinterher sieht es bombastisch aus. Meist ist viel Marmor zu sehen, teure Materialien, schicke Fassaden – trotzdem bleibt es nur eine einfache, schrottige Sperrholzkiste!

Aber vielleicht ist das auch gut so. Heute Morgen erst war wieder einmal Erdbeben-Zeit in Tokyo (Stärke 5,4 in Ost-Honcho). Wenn es denn einmal richtig doll rüttelt, werden sich die Holzkisten vielleicht als ganz sinnvoll erweisen.
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Wie es sich hier nun einmal gehört, ziehen die Bauarbeiter ihre Straßenschuhe aus, wenn sie auf die Baustelle gehen.

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Häuser werden einfach abgerissen. An vielen Stellen sieht man Abrißunternehmen, die die alten Klapperschachteln Ruck-Zuck abreißen und Platz schaffen für moderne Wohnkisten, die sich besser und mit mehr Gewinn vermieten lassen…

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Auf knapp 5×5 m entsteht hier in Meguro ein kleines Häuschen. Echt japanisch: auf engstem Raum, ohne Vorgarten, direkt an die Straße „gepflanzt“ und klein ohne Ende.

Atemberaubend, wie die elektrischen Leitungen mit dem Baugerüst zu einem ganz eigentümlich aussehenden WirrWarr werden…

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Erdbebensicher sollen die Gebäude in Japan jedenfalls sein… auch wenn wir uns noch nicht an die Sperrholzkistenbauweise gewöhnen konnten und es nicht einsehen, dass die Häuschen hier überhaupt nicht isoliert werden.


4 Kommentare so far
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frueher oder spaeter werden sie wohl eine art rucksackhaus erfinden,kein zelt ein haus,aber japan ein erdbebenland und dann hat dies wohl auch tiefe spirituelle gruende 🙂
gruss regido

Kommentar von regido

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