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Tempel-Tour nach Kamakura

Hikingtour von Kita-Kamakura nach Hase zum Daibutsu

Abfahrt um 9:00 Uhr und nach einmaligem Umsteigen mit der Yokohama Yokosuka-Line bis nach Kita-Kamakura gefahren. Wen treffen wir da auf der Plattform? Na klar, Bekannte aus dem Umfeld der Schule – Tokyo ist eben ein Dorf, ne? Lustig, das man nirgends hingehen kann, ohne nicht mindestens ein bekanntes Gesicht zu treffen, trotz der Millionen Menschen um einen herum.

Ab dem Jochiji-Tempel (ca. 5 Minuten vom Bahnhof entfernt, westliche Seite immer der Straße entlang in Richtung Süd-Osten) ist der Hikingweg gut ausgeschildert und führt abwechselnd über befestigte Wege, Trampelpfade, schmale Waldwege mit unzähligen Baumwurzeln und scheinbar unendlich viele Treppen ganz unterschiedlicher Schrittlänge und Tritthöhe. Das kennen wir ja schon von anderen Ausflügen, dass die Phantasie der Treppenerbauer immer wieder mit ihnen durchgeht, wenn sie neue Treppen auf Wanderwegen und in Parks errichten sollen.

Auf unserem heutigen Weg standen die vielen Tempel in Kamakura einmal nicht auf dem Plan, sondern nur entlang unseres Weges. Vorbei an vielen schönen Holzhäusern in traditionellem Stil errichtet und in großzügigen Gärten stehend, vorbei an vielen verschiedenen Bambuszäunen, Schranken aus Bambus (gesehen am Schreineingang zu Tochiji), vorbei an viel Grün und immer wieder das Sirren der Grillen und die Geräusche der Zikaden, Vogelgesang, Heuschrecken und andere Tiere entlang des Pfades. Bei ca. 36˚C und fast 90% Luftfeuchtigkeit rennt uns der Schweiß aus allen Poren. Die Leute, die auf der Rückfahrt in der Bahn neben uns sitzen sollen, taten uns schon im voraus leid. Vom Bergkamm aus hörten wir die Taikotrommeln vom Bonbori-Festival des
Tsurugaoka Hachimangu Schreins, dem großen Hauptschrein mitten in Kamakura. Dort sind in der Zeit vom 7. bis 9.August rund 400 Papier-Laternen, teils handgezeichnet und mit Gedichten beschrieben, auf dem Gelände rund um den Schrein aufgehängt. Natürlich bringt es auch mal wieder Glück, wenn man durch den großen aufgestellten Ring aus Chinoya-Gras (genannt: Chinowa) spaziert, wie sollte es in Japan anders sein. So kann man sich von Missetaten und Pech reinigen – wie praktisch.

Ein Zwischenstopp am Zeniarai Benten (Schrein, an dessen Quelle man sein Geld waschen kann, was natürlich Glück bringt und das Geld verdoppeln soll ;o) und am Genjiyama-Park, den wir nur vom Weg aus bewundern, lag ungefähr auf halber Strecke. Unterwegs trafen wir viele freundliche Japaner, die uns fast alle mit „Konichi wa“ begrüßten, einen Schwatz mit uns hielten und dann mit einem „Ganbatte, ne“ weitergingen. Besonders ein ca. 5 Jahre altes Mädchen, das mit seiner älteren Schwester alleine unterwegs war und vorab der Familie den Pfad entlang hüpfte, hat uns auf ganz niedliche Weise ihr „Ganbatte, ne“ entgegen gequietscht. Weil sie sich vielleicht nicht sicher war, ob wir Ausländer das auch verstehen, hat sie es gleich noch einmal gesagt und mich dabei mit ihren dunklen Kulleraugen angestrahlt.

Nach 2 Stunden (genau in der Zeit, die uns die japanische Familie zu Beginn unserer Wanderung vorausgesagt hatte) waren wir am Ziel. Eine letzte steile Treppe mit einigen sehr matschigen Stufen hinab und dann führte uns auch die Straße schon zum Daibutsu, der großen Buddhastatue, in dessen Schatten wir ein wenig pausierten.

Mit der kleinen Bummelbahn ging es von Hase bis zur Kamakura-Station, wo wir einen kürzlich im Internet entdeckten italienischen Eisladen aufgesucht haben, dessen Inhaber (ein gebürtiger Italiener, der mit seiner japanischen Frau seit 4 Jahren in Kamakura lebt und arbeitet) sein Gelatti noch original herstellt. Das Eis war lecker, der Preis zivil und ein kleines Schwätzchen auf Englisch-Japanisch-Italienisch-Deutsch über Michael Schumacher und Ferrari-Autos gab es inklusive.

Nach 6 Stunden fuhr die Bahn mit uns wieder in Denenchofu ein. Müde und dreckig vom Wandern und Matsch der letzten Meter ging es noch den Berg hinauf – und dann gleich ab unter die Dusche. Den Ausflug, so haben wir uns vorgenommen, wiederholen wir im Herbst zum Momiji (Zeit der Herbstlaubfärbung) noch einmal.










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Kamakura, die dritte! Immer wieder einen Ausflug wert – diesmal ging es zuerst zum Houkokuji-Tempel (ein Bambustempel). Dieser liegt ca. 30 Gehminuten entfernt von Central-Kamakura und lockt mit einem kleinen, aber sehr schönen Moosgarten in Zenkultur und einem wunderschönen Bambuswald.









Anschließend ging es weiter zum großen Buddha nach Hase und dem Hasedeira. Als letztes stand der Engakou-ji in Kitakamakura auf dem Plan. Überall war es angenehm leer (zumindest für hiesige Verhältnisse), sogar ausreichend Parkplätze standen zur Verfügung. Die Gärten der Tempelanlagen sind eine angenehme Abwechslung zum Tokyoter Betondschungel.





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Zweite Tour nach Kamakura – diesmal Ende Dezember. Ein Teil des roten Herbstlaubes ist noch an den Blättern zu bewundern. Die Sonne meint es gut mit uns und scheint bei ca. 10 °C. Auch ein zweiter Besuch dieser Tempel- und Schrein-Stadt mit einer kurzen Fahrt nach Hase zum Hasedeira-Tempel und (diesmal auch!) dem Daibutsu ist ein tolles Erlebnis.


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Mit den anderen TeilnehmerInnen vom Japanisch-Kurs und unser Lehrerin (sensei) Rieko Sonntag geht es raus nach Kamakura zur großen Tempel-Tour. Mit dabei die Familien (soweit alle Zeit haben, die großen Mädchen müssen an diesem Wochenende in der Schule sitzen zwecks Studien- und Berufsberatung) und viele Kameras, die alle auf ihre Weise versuchen, Japan in Bildern festzuhalten. Unterwegs treffen wir viele andere Deutsche und Amerikaner, die sind auch ohne den Mund großartig aufzumachen schon von weitem auszumachen. Trotz der scheinbar „vielen“ Ausländer, die uns immer wieder begegnen, sind wir anteilmäßig betrachtet zwischen den ganzen Japanern nur ein unbedeutender kleiner Haufen (der Anteil aller in Japan lebender Ausländer an der Gesamtbevölkerung gemessen beträgt ca. 1,5 Prozent). Der erste Halt in Kitakamakura, an einem kleinen Landbahnhof, führt zu einer Tempelanlage gelegen in einer Bergschlucht. Kamakura, südöstlich gelegen von Tokyo in der japanischen Präfektur Kanagawa, war einst in der sogenannten Heian-Zeit (von 794 bis 1185) die Hauptstadt der Kanto-Region und in der Zeit von 1192 bis 1333 das politische Zentrum und Sitz der ersten Militärregierung (bafuku) Japans, die sogenannte Kamakura-Zeit. Hier wurden zahlreiche bedeutende Tempelanlagen errichtet. Die Stadt wird auch das „Kioto des Ostens“ genannt. Buddhistische Tempel, Shintō–Schreine und nette Gartenanlagen, der Hase-Kannon-Tempel (hat nichts mit dem süßen ‚Häschen‘ oder dem japanischen O-sagi (=heiliger Hase) zu tun, sondern war der Name eines japanischen Kämpfers), Tsurugaoka Hachiman-gū und ein Stadtbummel mit Mittagessen stehen auf dem Plan. Im kleinen Museum ganz oben auf dem Berg des Tsurugaoka Hachiman-gū, die vielen Treppen mühsam erklimmend, ermöglichten Waffen, traditionelle Bilder auf Seidenstoffen und Papierrollen, Statuen ehemaliger Krieger und Anführer einen guten Eindruck in das alte Japan. Im Tempel nebenan fand ein Shintō-Hochzeitsritual statt. Die Familienprozedur zog anschließend weiter in ein unten, zentral auf dem Platz gelegenes Gebäude, angeführt vom Shintō-Priester und begleitet von drei in goldenen, vielfach bestickten Mäntel gehüllte Musikanten, die mit ihren Flöten trotz des vor sich liegenden Notenbuches furchtbar unharmonisch, schief spielend und laut gequäkt haben.

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In der Stadt Hase liegt der Hasedera-Tempel, der aus vielen Bereichen wie Tempelgarten, Kannon-do-Hall, Amida-do Hall, Benen-do-Hall und dem Jizo-do besteht. Im letztgenannten gedenken die japanischen Frauen ihren ungeborenen, da abgetriebenen Kindern und kaufen demütig eine kleine Steinstatue (Jizo), teure Blumen, eine „Pflegschaft“ für die Totenwache etc., um ihre Schuld am Mord ihrer Kinder zu sühnen. Die Masse der kleinen Figuren in der Grotte und vor dem Berg sowie die zahlreichen frischen Blumen und Kerzen lassen erahnen, das die Pille in Japan immer noch nicht weit verbreitet ist. Dafür fällt in den U-Bahnhöfen die überproportional vertretene Werbung für Frauenkliniken auf! Mehrere Hunderttausend Abtreibungen soll es in Japan Jahr für Jahr geben. Die sogenannten „Wasserkinder“ werden in einem bizarren Totenkult, einer Mischung aus Angst und Aberglaube, geehrt (mit bunten Lätzchen und Mützchen bedeckte Figuren stehen in Shrinen, Tausende kleine Figuren in jedem Winkel der Höhlen…), die Frauen fürchten noch Jahre später die Rache ihres ungewollten Fötus. Der Anblick dieser Massen an Gedenkfiguren und die naive Umgangsweise der Japanerinnen mit ihrem nichterwünschten Nachwuchs ist beängstigend und bedrückend zugleich.tempel-tour_110

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