Maikaefer's Weblog


Care-Paket aus Deutschland
November 18, 2009, 7:21 am
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Jetzt ist unsere Bestellung aus Deutschland da, soeben vom Flughafen Narita angekommen: ein großer Koffer voller Leckereien aus der Heimat. Die Weihnachtsbacksaison ist somit eröffnet… Besonders gut riecht die Tüte mit den vielen Weihnachtsgewürzen…



Teezeremonie in Bremer-Stadtmusikanten-City
Oktober 7, 2009, 3:14 am
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teezeremonie-2Auf zur Teezeremoni! Am Bahnhof Motosumiyoshi wartet Mori-san auf uns und begleitet und zum Kawasaki-International-Centre bzw. einem kleinen, älteren und von aussen etwas schäbig wirkenden Gebäude im klassischen Japanstil in unmittelbarer Nähe zum K-I-C. Es giesst in Strömen und so sparen wir uns die Erkundung des hübsch anzusehenden Gartens…

Eine Einkaufsstraße in Motosumiyoshi heisst „Bremen-Street“ und überall hängen die stark abstrahierten vier Tiere der Bremer Stadtmusikanten, stehen kleine Statuen in modernem Kunststil (nicht wirklich größer als das Original aber sehr, sehr ‚besonders‘). Mori-san erklärt uns, dass es sich für Japaner einfach besser anhört, wenn eine Einkaufsstraße einen europäischen Namen hat und die Bremer Stadtmusikanten seien in Japan besonders bekannt und beliebt.

Die japanische Teezeremonie, Chado [jap. 茶道 chadō oder sadō], beginnt mit dem Anlegen des Kimono. D.h. zuerst einmal muss alles abgelegt, die japanischen weissen Socken angezogen werden und dann zupften und ruckelten je zwei Japanerinnen an uns herum, versuchten eine Art zweiteiliges Unterkleid mit vielen Bändern, Schnüren in einem festgelegten Prozedere passend zu machen für deutsche Maße. Zuletzt kommt der Kimono. Sämtlicher Schmuck, Ringe Uhren etc. mussten abgenommen werden, um das gute Stück (und auch die Teetasse, wie wir später hören) nicht zu zerstören. Es kommen noch weiter unzählige Bänder, Schleifen und eine Art Seidenkissen (sieht aus wie eine überdimensionierte Geschenkschleife) und Füllmaterial, weiteres Zupfen, Schieben und – ganz wichtig – Bänder für die Haare. Nach ausgiebieger Fotosession wird in zwei Gruppen (da zuviele Teilnehmerinnen da sind) für uns ein Teezeremoniell durchgeführt. Einblicke in die einzelnen Schritte, die richtigen Benimmvarianten und das korrekte Halten des Teebechers, alles erfahren wir und die „Am Brunnen“-Frauen geben sich große Mühe, uns alles zu erklären. Ein sehr informativer Vormittag mit netten Gesprächen geht viel zu schnell zu Ende.

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Chizu-keki
September 24, 2009, 5:17 am
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kaesekuchen_kleinGanz beliebt bei den Japanern: チーズケーキ (Chezu-keki), also Cheesecake oder auch schlichtweg Käsekuchen. In zwei Wochen veranstaltet die DSTY (Deutsche Schule Tokyo Yokohama) ‚DAS‘ große Event des Jahres: Oktoberfest. Nun sind wir ja nicht meilenweit geflogen, um diesem anscheinend so typischen deutschem Fest beizuwohnen, aber es ist wohl für die Eltern eine Art Pflichtveranstaltung. Alleine schon, das Kuchen gebacken werden soll von den Eltern (wohl doch eher von den Müttern;o) und es wird erwartet, das bei den Verkaufsständen fleissig mitgeholfen wird. Engagement! Da wir zwei Kinder an der DSTY haben, muß ich wohl zwei Kuchen backen. Geheimtipp von erfahrenen Müttern, die auch schon in den letzten Jahren dabei waren: Die Japaner stehen auf guten deutschen Käsekuchen umd oft ist dieser bereits mittags ausverkauft. Das Oktoberfest an der DSTY ist auch so eine Art Stadtteilfest und die Anwohner kommen in Massen in froher Erwartung auf den Käsekuchen(!) mit großen Tellern und Platten und räumen das Kuchenbuffet ab. Na gut, es werden ca. 150 Kuchen benötigt und der Erlöss des Verkaufs geht an die Schule. Also müssen wir noch ein wenig an der Käsekuchenkunst feilen. Da es hier einen Gasbackofen (amerikanische Art, schön groß) gibt und die offene Flamme, die den Kuchen von unten schön braun werden läßt und ansonsten den Backvorgang etwas verlangsamt, ist etwas Übung angesagt. Ich habe mich noch nicht so recht mit diesem Ofen angefreundet, da ich in Deutschland einen ultramodernen Alleskönner-Backofen mit Knöpfen für alles, Umluft, Grillfunktion, Unter- oder Oberhitze etc. und programmierbarer Backzeit hatte, welchem ich noch nachtrauere…

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Ein viel größeres Problem ist der Bezug von Quark. Kein Käsekuchen ohne Quark und da es diesen nicht so einfach im Laden zu kaufen gibt (nach langem Suchen haben wir ein ganz winziges Töpfchen Quark für umgerechnet 4,00 Euro gefunden, dieser Quark schmeckt aber irgendwie nicht nach Quark…), ist guter Rat teuer. Einige Mamas habe sich aus Deutschland Labtabletten schicken lassen, von anderen bekomme ich den Tipp Joghurt (die Bulgaria-Sorte aus den eckigen weiss-blauen Bechern) über Nacht im Eisschrank in einem mit einem Handtuch ausgelegtem Sieb abtropfen zu lassen. Das klappt prima, aber der Kuchen wurde sehr matschig. Eine andere Mama sagte mir, der Joghurt müsse mindestens zwei Nächte abtropfen, um genügend Flüssigkeit zu verlieren. Das teste ich dann beim nächsten Mal aus. Meine Käsekuchen-Variante (marmorierter Käsekuchen mit Schokolade) schmeckte jedenfalls!



Auf dem Führerscheinamt
September 22, 2009, 4:44 am
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fuhrerscheinamtWir wurden bereits von vielen Seiten gewarnt: Um die Driverlicence für Aliens zu erhalten, ist stundenlanges Ausharren vor den Schaltern der Beamten des Führscheinamtes notwendig. Ausserdem, so berichteten uns Nachbarn im Vorwege, sei das Gebäude im Charme der ehemaligen DDR, mit Linoleum-Boden in dezentem Grau, Beamtenmentalität und Schlangestehen nicht sehr vergnüglich. Ganz so schlimm war es denn doch nicht, auch wenn eine Modernisierung der Inneneinrichtung angebracht wäre. Immerhin beschallen uns mehrere Fernsehapparate in den Wartebereichen mit irgendeiner Morningshow und jede Menge Werbung. Entgegen den Prognosen, das sich das ganze Prozedere (inklusive Fotoerstellung für den Antrag, Antragstellen, Warten, 10x durch das Amt laufen und an anderer Stelle anstellen, Sehtest, den ich selbst ohne Brille locker bestehe, erneutem Anstellen, zweites Foto für den Führerschein und anschließendem Warten auf Aushändigung) vorrausichtlich bis weit in den Mittag hinziehen würde, erweisen sich dann glücklicherweise als falsch. Dank unseres japanischen Fahrers, Mitarbeiter der Santa Fe-Agentur, sind wir pünktlich vor 8:30 am Schalter, der zu dieser Zeit noch gardinenverhangen vor sich hinschlummerte. Mit Gongschlag um Punkt halb Neun erwacht das ganze Amt zum Leben und die Wartenden stellen sich brav in der Reihenfolge ihrer Ankunftzeit in einer Schlange auf. Wir sind an Position zwei und drei und erhalten für die weitere Warterei jeder einen DIN A4-großen, abgewetzten und zig-mal benutzten Zettel, auf dem unsere Warteposition draufsteht. Eine digitale Anzeigetafel für die Wartenummer sucht man hier vergebens, es wirkt alles etwas verstaubt und somit schon wieder lustig. Heute trauen sich nur wenige Foreigners ins Amt und wir sprechen mit einem Amerikaner, der seine Licence verlängern muss. Bereits um 10:50 Uhr können wir das Amt in Shenagawa verlasssen.

Auf dem Nachhauseweg fang ich noch mit ein paar Fotos ein Stückchen Tokyo ein.

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Gärten, Grün und Hype um den neuen Ministerpräsidenten

Foto77_kleinDie japanischen Vorgärten, die sich nicht hinter den ganzen Mauern, Überwachungskameras, Mamortreppen, Gittern etc. verstecken, sind z.T. ganz nett anzusehen. Neben Bambus in allen Varianten, als Bodendecker, Hecke, kleinem Wald oder auch als Einzelpflanze, wie einen Baum, gibt es hier natürlich viele Ginkobäume, besonders in den Alleen rund im Halbkreis rund um den Bahnhof, Bonsaibäume und viel, sehr viel Unkraut. Was bei uns in Deutschland als ‚der japanische Gartenstil‘ verehrt wird, ist hier eher selten bis gar nicht anzutreffen. Dafür ungewöhnliche Lösungen für Auffahrten, wo die Steine bzw. Platten so verlegt sind, das die dazwischen wachsenden Bodendecker ein Muster ergeben. Aber etwas enttäuscht bin ich schon von dem Wildwuchs am Boden. Die Böden unter den prächtigen Bäumen und Pflanzen sind oft von Moos, Wucherbambus, Gräsern willkürlich bedeckt und lassen die ansonsten teuren Gewächse wieder etwas schäbig wirken. Bäume gibt es in Denenchofu zum Glück reichlich, wenn auch einige mit extrem wenig Platz auskommen müssen. Insgesamt sind die Gärten sehr pflegeleicht angelegt, eine Art, die ich später in Deutschland gerne übernehmen werde. Während die Pflanzen in den Straßen mit ihrem Grün in allen Farbtönen noch ein harmonisches Bild ausstrahlen, ist der Baustil hier in Japan alles andere als einheitlich. Neben Protz und Prahlerei gibt es einen Wildwuchs an Baustilen, wobei eine große Villa direkt neben einem kaum zwei Meter breitem Haus mit drei Etagen steht. Es sollen berühmte Schauspielerinnen, Designer, Bankiers und auch Politiker hier wohnen. Denenchofu wird auch „Beverly Hills Japans“ genannt, aber ich persönlich kann keine Ähnlichkeit zum amerikanischen Vorbild entdecken. Nicht zuletzt, weil die Weite der Straßen, die Palmen und die riesengroßen, parkähnlichen Grundstücke fehlen (allerdings sind für japanische Verhältnisse die Gärten hier üppig). Ich versuche, dieses Kuriosum an städtebaulicher Optik immer wieder einzufangen, habe jedoch meine Kamera nicht dabei oder es ist schwierig unbeobachtet ein Foto zu machen. Die meisten Grundstücke sind mit Überwachungskameras abgesichert. Besonders in der Nähe der Präsidentenvilla, der zukünftige Minsiterpräsident Yukio Hatoyama von der DPJ, dessen Partei am letzten Sonntag mit dem eindeutigen Wahlsieg hier für Furore sorgt, residiert mit seiner Familie in einem nicht ganz unbescheiden Klotz von Bau, traue ich mich nicht die Kamera hervorzuholen. Die überall postierten Polizisten vermitteln eine sehr einschüchternde Wirkung, dass ich es gar nicht erst versuche. Der Hype um den neuen Ministerpräsidenten ist auch immer wieder Gesprächsstoff. Wenn wir dann noch sagen, dass wir in Denenchofu wohnen wird gleich gesagt ‚oh, beim Präsidenten‘. Die Straßensperren, die Belagerung durch ca. 30 yuppiehaft aussehende junge Männer mit Zigarrette im Mundwinkel, die offensichtlich zum lokalen Journalistenpulk gehören, die mehrmals am Tag kreisenden Hubschrauber, und die vielen Fernsehübertragungswagen nehmen wir gelassen hin. Ich hoffe nur, das Hatoyama-San es nicht zur Gewohnheit werden lässt, abends mit dem Hubschrauber eínzufliegen, das könnte auf die Dauer etwas anstrengend werden. Viele der Häuser, die wir bei unserer Tour im Frühjahr, als es darum ging, unseren künftigen Wohnsitz für die kommenden drei Jahre auszusuchen, besichtigt haben, liegen in unmittelbarer Nähe zum Präsidentenpalast. Jetzt sind wir heilfroh, hier nicht wohnen zu müssen, der Hype wird sicherlich mit der Zeit etwas nachlassen, jedoch die Straßensperren (errichtet nur während seiner Anwesenheit) und die vielen Polizisten an den Straßenecken werden bleiben…

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Umzug zweiter Teil
August 26, 2009, 2:46 am
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Morgens 8:44 Uhr – die für neun Uhr angekündigten zwei Lastwagen mit unseren Möbeln aus dem Container stehen vor der Tür. Nach umständlichen Entschuldigungen dafür, dass die Möbelmenschen so früh auf der Matte stehen, geht es los. Ich bekomme eine Liste mit allen Umzugskartonnummern aus dem Container in die Hand gedrückt und an mir vorbei rauschen im Sekundentakt abwechselnd die sechs Mitarbeiter der Santa Fe Company. Meine Aufgabe besteht darin, die Nummer der Kartons auf meiner Liste abzuhaken und den Inhalt den Zimmern zuzuordnen. Das erweist sich nicht immer als einfach, da die handschriftlichen Angaben der deutschen Möbelpacker mitunter schwer zu lesen sind, die Kartons z.T. Gegenstände aus verschiedenen Zimmern beinhalten und, was das ganze komplizierter werden lässt, nicht alles deiselbe Zuordnung erfährt, wie es in Deutschland der Fall gewesen ist (das Bett aus unserem Schlafzimmer soll ins Gästezimmer, der Inhalt aus unserem Lesezimmer wurde mit Office angegeben, viele Möbel haben wir für Japan neu unter den Familienmitgliedern aufgeteilt, damit alles passt…). Der eine und andere Karton muss an der Haustür geöffnet werden, bevor ich entscheiden kann, in welches Zimmer die Möbelpacker ihn tragen sollen. Die ständige, sehr unterwürfige Anrede mit „Madam“ durch den Teamleiter ist sehr gewöhnungsbedürftig und gibt mir das Gefühl, zurückgebeamt worden zu sein in Kolonialzeiten… Mir schwirrt der Kopf bei dem Tempo, dass die Arbeiter vorlegen. Eine kurze Frühstückspause wird eingelegt und bereits nach zwei Stunden, genau um 10:44 Uhr, sind beide Vans lehr und alle Möbel stehen im Haus. Heimlich überprüfen wir bereits unsere Vorräte an Mückspray, da die ganze Zeit die Tür und die Terrassentür sperrangelweit offen stehen. Jetzt sind wir alle an allen Fronten gefragt. Wo soll das Bett hin, wie wird dieses zusammengebaut, welcher Karton ist falsch zugeordnet und wo, um Himmels willen, soll der ganze Krempel überhaupt hin. Zum Glück sind die Santa-Fe-Mitarbeiter sehr flink und auf Zack, schnell ist alles aufgestellt und alle Kartons werden ausgepackt. Berge von Umzugskartons mit der Aufschrift „Schuhe“ türmen sich im Garderoberaum direkt neben der Haustür. Wo, verdammt noch mal, soll all der Krempel untergebracht werden und wie konnten wir soviel stuff nur in unserem alten Haus unterbringen, dass doch ein paar Quadratmeter weniger Fläche zur Verfügung hatte??? Bereits um halb drei Uhr Nachmittags ist alles geschafft und die abschließende Inspektion für eventuelle Schäden steht als letztes auf dem Plan: neun Gläser, zwei Müslischalen, eine Teetasse (gerade ein Einzelexemplar vom Kellinghusener Töpfermarkt, meine Lieblingstasse ;o(((, zwei Bilderrahmen und drei Pflanztöpfe sind zu Bruch gegangen. Einige Dinge haben sichtlich an der Hitze während der letzten Wochen gelitten: Der Honig, eigentlich ein gutes norddeutsches Imkerprodukt von Hans-Joachim Hasselmann aus Föhrden-Barl, sieht jetzt aus wie Langnese-Flüssighonig aus dem Supermarkt. Unsere Handmade-Seife aus Quickborn, gekauft auf dem Kellinghusener Weihnachtsmarkt und als Deko für das Badezimmer gedacht, da ihn witziger Optik und Tortenform, hat die Farben geändert aufgrund der Temperaturen und sieht ein bischen deformiert aus.

Obwohl eigentlich zwei Tage für den Umzug vor Ort in Japan eingeplant waren (Dienstag und Mittwoch), ist alles sehr schnell gegangen. Die abschließende Bewertung für die Arbeiter von Santa Fe, die noch auszufüllende Liste, kann ich guten Gewissens mit Bestnoten versehen. Neben mir steht der Teamleiter und hüpft vor Freude auf der Stelle. Meine Bemerkung, dass ich den Punkt „saubere Kleidung und Tragen der Uniform“ nicht auswerten könne, da er ja keine trüge, bringt ihn sichtlich in Verlegenheit. Umständliche Erklärungsversuche auf japanisch und im Stotter-Englisch, obwohl er zuvor fließend Englisch sprach, er hätte aufgrund der Temperaturen sein verschwitztes Firmenshirt gegen ein frisches T-Shirt gewechselt, löse ich zu seiner Erleichterung auf, indem ich erkläre „it’s a joke“. Zum Abschied werden noch ein paar höffliche Worte gewechselt und als ich erkläre, dass wir in drei Jahren vielleicht wieder die Dienste der Möbelpacker benötigten und wir bis dahin vielleicht dazu gekonmmen wären, allen Krempel im Haus zu verstauen, schaut mich der Teamleiter zunächst wieder irritiert an – dann ein verständnisvolles Lächeln und seine Erkenntnis „it’s a joke“… diese Gajin…



Elektroniktempel und Einkaufsparadies
August 22, 2009, 4:35 pm
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bic-cameraWir brauchen dringend Staubsaugerbeutel für den knapp spielzeuggroßen Toshiba-Sauger, den wir von anderen Gaijins [Wikipedia sagt hierzu: „Der Gaijin (jap. 外人, wörtlich: Mensch von draußen; auch 外国人 Gaikokujin, dt. Ausländer) ist ein in Japan lebender oder reisender Ausländer.“], die wieder zurück nach Hamburg gezogen sind, übernommen haben. Nach diversen erfolglosen Versuchen, diese Beutel in Departementstores, Einkaufsläden etc. zu erwerben, machen wir uns heute auf in die City von Tokio. Mit der Hiro-Linie geht es nach Hibiya und von dort wenige Minuten zu Fuß nach Yūrakuchō und zu dem direkt am Bahnhof liegenden dreieckigen Gebäude von Bic Camera – einem Elektroniktempel, der keine Wünsche offen lässt und immer mit dem neuesten Schnickschnack aufwartet… Das U-Bahnfahren ist leichter als der erste Eindruck vermuten lässt. Mit den Kanji für die entsprechende Haltestelle im Gepäck ist es sogar extrem einfach. Am Eingang des Bahnhofes ein Ticket am Automaten ziehen, die wichtigsten Linien sind schematisch abgebildet, für Transferstrecken gibt es zwar lediglich kryptische Abbildungen, die aber schnell durchschaut sind. Da es verschiedene Netze von unterschiedlichen Anbietern gibt, ist solch ein Transferticket mitunter erforderlich. Das Ticket wird in den Eingangsautomaten mit dem Pfeil nach vorne gesteckt und und nach dem Durchgehen wieder am Ende ausgespuckt. Dieses Ticket unbedingt gut aufbewahren, da es am Ausgang des Zielbahnhofes benötigt wird!

Wir waren heute auf der grauen Linie (Hiro-Linie oder Tokyo Metro Hibiya Line) unterwegs. Alle Haltestellen sind durchnummeriert und im Bahnhof jeweils abwechselnd in schlichten grafischen Symbolen in Kanji und in Englisch ausgeschildert. Hibiya ist der Halt mit der No.7. Oben am Treppenabsatz des U-Bahnschachtes ist man plötzlich mitten im Moloch Tokyo angelangt und umringt von Menschenmassen. Das mehrgeschossige Gebäude des Elektronikladens ist bereits von weitem sichtbar und die vor dem Eingang postierten Verkäufer preisen über Mikrofone und Lautsprecher in metallischem Singsang laut ihre Angebotsware feil. Der Renner sind anscheinend i-Phones und andere bunte Handys sowie Computerspiele. Im Untergeschoss werden wir fündig und von einem freundlichen japanischen Verkäufer in englisch ausführlich beraten. Seine gebetsmühlenartig wiederholende Floskel „all the same size“ (nachdem wir ihm erst die Vokabel für ‚Größe‘ anhand seiner stotternden Versuche und Handbewegungen beigebracht haben) auf unsere Frage, welchen der vielen Beutel für unser Gerät passend sei – alle Staubsaugermarken sind hier schön präsentiert und jede hat seine eigene Batterie an diversen Beuteln in unterschiedlichen Farben und Packungsgrößen – wollen wir nicht ganz trauen und so entscheiden wir uns für jede Packung und nehmen alle einmal mit. Bei Preisen von 550 und 800 Yen pro Packung scheint es ein vertretbares Risiko. Nun sollen noch ein paar Stecker-Adapter eingekauft werden und wir statten der Mac-Abteilung im fünften Stockwerk einen Besuch ab. Hier hüpft mein Computerherz höher und bei den günstigen Preisen werden wir wahrscheinlich häufiger hier vorbeischauen… Uns fallen im Vorbeigehen noch die roboterartigen Personenwaagen auf, die zu Hauf in den Regalen liegen und, so wollen es uns die Videos über den Produkten weissmachen, absolut alles können, von der banalen Angabe des Körpergewichtes bis hin zum Fitnessgrad einzelner Körperteile, Ermahnungen für die gesunde Ernährung und dem Anleiten zu einzelnen Übungen mittels dem integrierten Heimtrainer. Auf dem Weg zur Rolltreppe kommen wir an einem einer Reihe junger Mädchen vorbei, die vor Daddelmaschinen auf Stühlen, die wie Reitsättel aussehen, schaukeln und allem Anschein nach die neuesten Pferde-Computerspiele testen. Spontan geht mir eine Zeile aus meinem Tourismusführer durch den Kopf, in der es heisst, die Japaner seien ja sehr große Naturliebhaber… Alles um uns herum schreit seit unserer Ankunft nach Plastik, Elektronik, Umweltsünden durch Klimaanlagen und Stromverschwendung pur und mit Ausnahme der Bäume, Grünstreifen und Parks können wir noch nichts entdecken, das diese Aussage unterstützt.

Raus aus dem Hochhaus und hinein in das Straßengwühl in Richtung Ginza, dass nur ein Katzensprung entfernt ist. Es ist schwülwarm und der Gerüch in den Straßen ist unangenehm. Wir flüchten in das nächste ansprechende Geschäft – Muji in Ginza, der größte Komplex dieser Firma, die alles verkauft von hübschen und zeitlosen Küchengegenständen über Kleidung bis hin zu Vorhängen, Lebensmitteln und Nippes für das Haus. Uns gefällt der Stil des Ladens und der Waren sehr, alles ist in Naturtönen gehalten und besticht durch funktionales Design. Muji ist schon bei unserem ersten Besuch in Tokyo, da war es der Shop in Jiyugoako gewesen, positiv aufgefallen. Die Preise sind nicht ganz wie bei IKEA aber erscheinen vertretbar, ohne allzu große Löcher in der Haushaltskasse zu hinterlassen. Am Ende der Rolltreppe sehen wir beim Verlassen des Muji-Ladens einen Blumenladen, der u.a. auch Petersilie anbietet. Ginza, das im Bezirk Cho-ku liegt, gefällt uns sehr. Moderne Architektur, eine große Auswahl an Läden und Departmentstores und buntes Kulturangebot auf den Plätzen, hier lässt es sich gut einkaufen. Nach unserem Ausflug nach Roppongi vor wenigen Tagen, der sich trotz aller Anpreisungen in unterschiedlichen Touri-Führern, als Reinfall erwies, sind wir von dem Angebot in Ginza begeistert. Vorbeikommend an einer kleinen Gruppe, die Bauchtanz in hawaiianisch anmutendenen Kleidern und zu Trommelschlägen vorführen, tauchen wir ab in das U-Bahnnetz von Ginza. Entlang unterirdischer Passagen und durch ein spinnennetzähnlichem Gewirr an Gängen, Treppen, Rolltreppen und weiteren Verzweigungen kommen wir nach etlichen Minuten unter der Erde und immer tiefer absteigenden Stufen wieder am Bahnhof Hibiya raus. Mittlerweile routiniert steigen wir in die Bahn in Richtung Nakaga-Meguro ein. Dort müssen wir umsteigen in die Tōkyū Tōyoko-Linie (jap. 東急東横線, Tōkyū Tōyoko-sen) nach Denenchofu. Um noch einmal auf das Prinzip des Bahnfahrens in Tokio zurückzukommen: Wer sich beim Ticketautomaten vertan hat und fälschlicherweise den falschen Preis gedrückt hat, kann am Zielbahnhof einfach sein Ticket aufwerten und kommt dann aus dem Ausgangs-bez. Eingangsautomaten heraus – diesmal behält dieser das Ticket allerdings ein…